Gas: Dialog im Café

Wir gingen heute Abend hier in Ortaköy in ein Café – S.ist regelmäßig hungrig, wenn sie von der Arbeit heim kommt und ich bin regelmäßig zu faul zum Kochen.

Ja, es roch seltsam in der Straße – ein Geruch, den ich zwar kannte, aber erstmal nicht wirklich einordnen konnte. Von den Cafébetreibern hörte ich den folgenden Dialog:
A: Hier riecht es nach Tränengas.
B: Das kommt von der Straße.
A: Stimmt, es kommt von draußen. Was ist denn los?
B: Heute ist doch der achte März, Frauentag. Es gibt bestimmt eine Demonstration. Da wird die Polizei wohl Tränengas einsetzen.

Ja, jetzt, wo es gesagt worden war, erkannte ich den Geruch.
Ich googelte also gleich, was wohl los war. Googeln auf türkisch brachte erst Stunden später Erfolge. Auf Englisch gab es die ersten Funde , zum Beispiel dann auch bei Al Jazeera, die ich nach wie vor für recht zuverlässig halte. Danach wurde die Istiklar Caddessi, Istanbuls größte und bekannteste Einkaufs- und Fußstraße von der Polizei abgesperrt, die Demonstration zum Weltfrauentag in Nebenstraßen abgedrängt, unter Einsatz von Gummigeschossen, Tränengas, Wasserwerfern, Hunden usw.

(Natürlich wird das von den großen türkischen Medien, die inzwischen alle gleichgeschaltet sind (nicht ohne Grund nennt Erdogan Hitler ein „gutes Beispiel“) nicht erwähnt)

Was ich dabei auch erschreckend finde: Der Taksim und die Istiklal Caddessi sind von uns mindestens drei,  dreieinhalb Kilometer Luftlinie entfernt – und wenn wir hier das Tränengas riechen können, muss davon eine ganze Menge abgefeuert worden sein – gegen eine Demonstration, von der nirgends gesagt wird, dass von ihr, in welcher Form auch immer, Gewalt ausging .

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