Wenn ich lachen wollte, stellte ich zu Zeiten des Schwiegersohn-Ministers das Fernsehen an (der Sultan hat seine ganze weitere Familie in Regierungsposten untergebracht, vor ca. einem Jahr habe ich eine Auflistung gesehen, da waren es, soweit ich mich erinnere, 36 Familienangehörige in einer oder mehrerer Leitungsfunktionen in der Regierung oder in Unternehmen der Regierung, für ungefähr 1,5 Jahre hat er dieser Fetternwirtschaft die Krone aufgesetzt und seinen hochgradig fähigen Schwiegersohn auf den Stuhl des Finanzministers gesetzt, der so fähig war, dass die Lira die zwei Tage nach seinem Rücktritt, also in der Zeit ohne Minister, um 20% an Wert gewonnen hat, während der Schwiegersohn sie in einen nie dagewesenen Absturz gesteuert hatte). Als Schwiegersohn war er natürlich derjenige, der nach dem Sultan die meiste Sendezeit hatte und es war tatsächlich immer ein superkomischer Auftritt, der er lieferte, die ganze Welt hat sich köstlich amüsiert. Der Sultan selbst schreit ein bisschen viel und es wird langweilig, wenn er in jedem zweiten Satz jeden im Lande, der ihm gerade nicht passt, als Terrorist beschimpft und jeden im Ausland als Faschisten. Aber seine inhaltlichen Aussagen sind einer Komödie durchaus würdig.
Heute gibt es einen neuen Stern am Komikerhimmel des Landes. Sedat Peker, Mafiaboss, verurteilt und öfter mal im Gefängnis aber gleichzeitig willfähriger Helfer des Sultans – wie viele Morde an politisch unliebsamen Menschen, Journalisten usw. auf sein Konto gehen, weiß man nicht, aber es ist zu vermuten, dass es nicht wenige sind, dem Oppositionsführer drohte er persönlich an, ihn umzubringen, als ca. 1000 Wissenschaftler in einem offenen Brief ein Umdenken in der Kurdenpolitik forderten, drohte er ihnen an, durch ihr Blut waten zu wollen, er machte offen Wahlkampf für die rechtsradikale Freundespartei, dank derer der Sultan immer noch herrscht, …
Aus welchen Gründen er sich mit dem Sultan und seinem Innenminister überworfen hat, wissen wir nicht, aber in einer Reihe von Videos deckt er auf eine wirklich lustige Weise Zusammenhänge auf, Zusammenhänge mit sich selbst und eben gerade den Herrschenden hierzulande.
Heute zum Beispiel sprach er über gigantische Kokainlieferungen, die der Sohn des früheren Präsidenten und Mitstreiters des Sultans abwickelte, unter anderem, indem auf seinen Schiffen Käse aus Venezuela eingeführt wurde – für die entsprechenden Lieferungen der Sutlan übrigens per Präsidialerlass eine Steuerbefreiung angeordnet hat, die man tatsächlich über die offizielle „resmi gazeti“, das offizielle Mitteilungsorgan der Regierung, in dem eben Gesetze und ähnliches veröffentlicht werden müssen, nachlesen kann.
Die gleichgeschalteten Medien berichten darüber natürlich nicht, aber die sozialen Medien sind trotz Zensur und heftigster Bedrohung der Rede- und Pressefreiheit voll davon und kaum jemand zweifelt daran, dass hinter den Vorwürfen zumindest ein Teil Wahrheit steckt. Aber ohne darüber zu berichten zitieren sie alle die Reaktion des ehemaligen Präsidenten, der die Vorwürfe „gelogen“ und „Schlammschlacht“ nennt.
Wenn ich jetzt lachen will, schaue ich mir also den Mafioso und die offiziellen Reaktionen an – eine der Reaktionen heute war zum Beispiel die Verhaftung des Bruders des Mafioso, der Mafioso selbst ist ins Ausland geflüchtet, wie gesagt, er hat sich mit dem Sultan überworfen.